27 Oktober 2006

Mauna Kea leer

Mit über 4200 m ist der Mauna Kea der höchste Berg im pazifischen Raum. Und da er auf uns eine gewisse Faszination ausübt, vermuten wir, dass es anderen Leuten auch so geht. Immerhin galt er den alten Hawaiianern als heilig. Gestern haben wir noch versteckte Buchten an der verschlafenen Küste aufgespürt. Heute wollen wir ins Gebirge. Sichere Informationen darüber, wie weit man mit einem gewöhnlichen Auto den Berg hinauf kommt, waren hier nicht zu bekommen. Eine seit etwa 20 Jahren hier lebende Deutsche, die wir im "Bears´ Café" (Bild unten) getroffen haben, wo wir mit Vorliebe frühstücken, beteuerte, sie sei noch nie oben gewesen. Seltsam.
Also machen wir uns einfach auf den Weg. Die in den von den Mietwagenfirmen verteilten Landkarten teilweise als "gesperrt" eingezeichnete Straße über den Sattel zwischen den nahezu gleich hohen Riesen Mauna Kea und Mauna Loa erweist sich als gut ausgebaut - aber nahezu leer.
Kaum ein Auto unterwegs auf der Saddle Road. Beide Berge sind wolkenverhangen.
Der Abzweig zum Mauna Kea "Summit Access" ist kaum ausgeschildert. Aber auch diese Straße ist geteert und in sehr gutem Zustand. Klar: sie ist steil - aber machbar für unseren kakerlakenversuechten Alamo-Mietwagen. Sie führt zu einem Besucherzentrum auf 2700 m Höhe, das nach dem ersten japanisch-stämmigen US-Astronauten Ellison Onizuka benannt ist. Er stammte aus Hawaii und startete im Januar 1986 mit der "Challenger". Der Trip endete tragisch - aber immerhin kam Onizuka höher hinauf als es uns an diesem Tage beschieden sein sollte...
Am Zentrum begrüßt uns ein freundlicher Ranger mit Handschlag: "Hi, I´m Pablo". Wo wir herkommen? Germany - great. Was uns hierherführt. Wandern? Okay. Wir könnten auf eigenes Risiko sogar mit dem Auto zum Gipfel fahren. Empfehlen würde das Pablo aber nur für Autos mit Vierradantrieb. Alles ist gar kein Problem mehr. Wir wollen aber gar kein motorisiertes Abenteuer. Wir hatten uns schon darauf eingestellt, nur einen kurzen Trail in der Nähe des Besucherzentrums machen zu können. Jetzt steht sogar der Gipfel offen - nur eine Registrierung beim Besucherzentrum ist nötig. Leider sind wir etwas spät dran, um die 1500 Höhenmeter heute noch zu Fuß zu bewältigen. Spätestens mit der Dunkelheit müssen wir vom Berg sein. Er gehört der Wissenschaft und Autoscheinwerfer stören die Teleskope der Sternengucker, so ist im Reiseführer zu lesen. Also beschließen wir, soweit hoch zu steigen, wie es geht.
Es ist ein technisch leichter Weg ohne allzu große Steigungen. Bald sind wir aus der Wolkenzone heraus. Es ist eine trostlose Mondlandschaft hier oben - und genau so menschenleer. Uns begegnet auf dem ganzen Weg kein einziger Wanderer.
Wir schaffen es bis auf etwa 3600 m, dann drehen wir um. Von hier haben wir immerhin einen schönen Blick auf den Gipfel.
Als wir zum Besucherzentrum zurückkehren, herrscht dort plötzlich Hochbetrieb. Der Parkplatz ist voll gestellt mit hochgezüchteten Kleinbussen diverser lokaler Veranstalter, vollgestopft mit Expeditionsmaterial und... mit Japanern! Sie sind im Begriff, auf den Gipfel zu fahren und machen hier eine halbstündige Akklimatisierungspause, in der ein Snack gereicht wird. Auf dem weiteren Sorglos-Programm der Pauschalanbieter steht Sternengucken, Dinner, Übernachtung, Sonnenaufgang. Das ist die Art von Tourismus, die hier vermarktet wird.
Pablo begrüßt uns sehr freundlich. Er lädt uns sogar ein, noch so lange im Zentrum zu warten, bis es dunkel wird. Der Sternenhimmel, der uns erwartet, sei fantastisch. Plötzlich ist gar keine Rede mehr von Beschränkungen des Autoverkehrs nach Einbruch der Dunkelheit. Ein zweiter Ranger tritt dazu. Er versteht sogar schwyzerdütsch, was wir aber gar nicht sprechen. Die Kommunikation klappt trotzdem. Ich frage ihn nach der Herkunft des Lärms, den wir oben am Berg gehört haben. Es waren Explosionsgeräusche, die mich einerseits an den armen Astronauten Onizuka gemahnten, andererseits auch vom Vulkan Kelauea hätten herrühren können. Nein, lacht der Ranger. Das sei die US-Armee auf ihrem Übungsgelände. Die würde das machen, was die amerikanische Armee immer machen würde: "irgendwas in die Luft jagen".
Wir sind trotz der netten Gesellschaft der Ranger sehr hungrig und fahren durch die Wolken über die Saddle Road wieder zurück nach Hilo.

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