08 November 2007

Bürokratie im Urlaub

Die bunt verglaste Kuppel des Hotel Marquesa gefällt nicht nur den homosexuellen Gästen und verdient daher das Prädikat: Grinsendes Smiley

Es ist ja nun so: Da haben die stolzen deutschen Gewerkschaften in ihrer großen Geschichte die weltweit nahezu größte Anzahl an Urlaubstagen durchgesetzt, damit sich die geplagte Arbeitnehmerschaft von den ständigen Casting- und Ranking-Shows im Fernsehen sowie notorisch nervigen Telefonumfragen erholen kann – und dann so etwas: Den Erholungssuchenden wird schon bei der Ankunft im Hotel ein Fragebogen überreicht, in dem die Leistungen der Herberge bewertet werden sollen.
Ich halte das – bei Lichte besehen – für eine weltweite Verschwörung des Kapitals, das mit Unterstützung internationaler Hotelketten alles daran setzt, um einer Verblödung des eingesetzten Humankapitals im Urlaub schon im Ansatz entgegen zu wirken. Ich habe vor einiger Zeit von einer Untersuchung gehört, bei der nachgewiesen wurde, dass Leute nach einem Urlaub tatsächlich schlechter bei Intelligenztests abschneiden als davor. Dieses Phänomen soll verhindert werden, frei nach dem Motto: Wer einen Fragebogen ausfüllt, kann dabei nicht den anderen beiden Lieblingsbeschäftigungen der Deutschen im Urlaub nachgehen (die dritte Beschäftigung, das Essen, kann dadurch freilich nicht unterbunden werden, aber sei´s drum) – und bleibt dadurch körperlich und mental fit!
Zehn Tage haben wir das Ausfüllen des hochnotpeinlichen Papiers bisher vor uns hergeschoben. Doch nun ist es endlich an der Zeit, unangenehme Wahrheiten auszusprechen.
Allerdings fällt uns – wozu haben wir schließlich eine höhere akademische Bildung? – schon beim ersten Anblick ein methodischer Fehler auf: Es sind vier Bewertungskategorien in Form von Smiley-Symbolen vorgesehen: Ein grinsendes Smiley, ein halb Grinsendes, ein Neutrales und ein Trauriges. Dabei weiß doch jedes Erstsemester: Es muss immer eine ungerade Zahl von Auswahlmöglichkeiten geboten werden! Also drei, fünf oder sieben Bewertungsstufen zum Beispiel.
Ausserdem werden durch die gebotenen Auswahlmöglichkeiten eher gute als schlechte Bewertungen gefördert: Schließlich gibt es zwei Abstufungen für gute Leistungen, eine für Standardleistungen; mittelmäßige bis schlechte Leistungen können hingegen nur mit dem schlechtest möglichen Symbol bewertet werden. Ein Skandal!
Trotzdem muss der Bogen ja nun einmal ausgefüllt werden und wir nutzen dazu unseren Tag am Strand. Hier nun die Ergebnisse:
Hotel im Allgemeinen: :-)
Rezeption: :-)
Nachtportier: :-))
Qualität des Menüs: :-|
Qualität des Frühstücks: :-)
Service des Restaurants: :-)) (allerdings bemängeln wir, dass alle Ober Emilio heissen; siehe einen der letzten Posts)
Zimmerservice: :-))

Auf der Rückseite des Bewertungsbogens wird um „Observaciones – Bemerkungen“ gebeten. Wir füllen diesen Teil folgendermaßen aus:
Wir schätzen die Atmosphäre des Hauses und die Freundlichkeit des Personals. Mit einer Ausnahme: Der Chef wirkt unbeholfen (torpe) im Umgang mit seinen Gästen und hat teilweise Mühe, ihnen den Gruß abzunehmen (no saludar). Beispiel: eines abends animierte er auf der Terraza die Gäste zum Tanz. Als ihn eine elegante russische Dame daraufhin aufforderte, versteifte er sich wie ein Tanzschüler und flüchtete hinter die Bar – die Dame stand brüskiert da!
Außerdem übersteigen die Kakerlaken (Cucarachas) im Restaurant sowohl hinsichtlich ihrer Größe als auch ihrer Anzahl ein tolerables Maß.

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