20 August 2014

Bedrohtes Paradies

Rechts neben dem Totempfahl sind draußen Schornstein und Deckshaus der "Amakusa Island" zu sehen
Auf der Fahrt nach Prince Rupert sahen wir Wale, springende Hechte, Robben, Greifvögel. Wir fuhren durch nahezu unberührte Natur. Nur wenige Siedlungen und einige Leuchttürme lagen auf dem Weg - kurz: Ein Naturparadies!
Prince Rupert selbst ist ein kleines Städtchen, in dem es beschaulich zugeht. Das einzige, was an die ferne weite Welt erinnert, sind die vielen Sattelschlepper, die mit Containern beladen durch die Stadt rauschen. Ansonsten sind auf den Straßen auch viele Indianer zu sehen. An die Geschichte ihrer Kultur erinnert das "Museum of Northern British Columbia". Es ist in einem Nachbau eines traditionellen Langhauses untergebracht und beherbergt zahlreiche Kunst- und Gebrauchsgegenstände, bis hin zu Werkzeugen, Kanus und Totempfählen. Wer beim Gang durch die beeindruckende Sammlung einmal den Kopf hebt und quer durch den Raum schaut, sieht hinter den großen Scheiben an der Rückseite des Hauses ein riesiges Schiff direkt vor dem Museum liegen.
Es ist die 224m lange "Amakusa Island", ein Havarist mit deutlicher Schlagseite, dessen Name am Bug gerade noch zu lesen ist, weil das Schiff bis dahin abgesunken ist. Der Koloss wirkt wie ein Menetekel vor den Exponaten der indianischen Kultur.
Mit Schlagseite und bis zum Namenzug am Bug eingesunken: die "Amakusa Island"
Die "Amakusa Island", ein japanischer Kohlefrachter, war am 14. Juli auf dem Weg zu einem Ankerplatz im äußeren Hafen von Prince Rupert auf Grund gelaufen. Die Außenhülle wurde dabei beschädigt. Zwei Balasttanks liefen voll Wasser. Durch die einsetzende Flut konnte das Schiff vier Stunden später wieder flott gemacht werden. Den jetzigen Liegeplatz erreichte sie aus eigener Kraft. Glücklicherweise wurde bei diesem Unglück die Umwelt nicht beeinträchtigt.
Allerdings macht der Unfall deutlich, welche Gefahren von einem der weltgrößten Tiefwasserhäfen für das empfindliche Ökosystem im Norden Kanadas ausgehen. Dass das große Schiff nun schon seit Wochen hier zwischen kleinen Fischerbooten liegt, ohne dass eine Reparatur erfolgt, lässt zudem den Eindruck einer gewissen Hilflosigkeit im Umgang mit der Situation erkennen.
Das riesige Schiff liegt zwischen Fischerbooten und wartet auf eine Reparatur
Die konservative Regierung hat vor einiger Zeit beschlossen, den Hafen um ein Ölterminal zu erweitern. Eine Pipeline soll gebaut werden und Supertanker werden die empfindlichen Gewässer anlaufen. Schon jetzt gibt es im Schnitt drei Havarien pro Jahr, wie der Transportation Safety Board berichtet. Und das ist nicht einmal ein schlechter Schnitt. Gegenüber der "Vancouver Sun" rechnet Brian Falconer von der Raincoast Conservation Society vor: "Bei einer angeblichen 99,6-prozentigen Zuverlässigkeit bleiben bei einigen Tausend Schiffsbewegungen pro Jahr drei bis vier Unfälle unvermeidlich. Auch die "Amakusa Island" war mit einem Lotsen unterwegs.
Sollte einem großen Öltanker ein ähnlicher Unfall passieren und sollten dabei nicht nur die Ballasttanks aufgerissen werden - dann wäre die unvergleichlich schöne Natur in dieser Küstenregion in sehr ernster Gefahr.

Keine Kommentare: