Der Luxus eines Versorgungsfahrzeugs hat auch seine Nachteile: Wir vertändeln uns, frühstücken unnötig lange mit den Kletterern, die heute nichts Großes mehr reißen wollen, und kommen letztlich spät weg; erst gegen 9:45 Uhr. Dabei haben wir Großes vor. Heute geht es in den Cirque de la Solitude, die Schlüsselstelle des GR 20 (Nord). In 2,5 Stunden schaffen wir den Aufstieg zum Col Perdu. Das Wetter sieht nicht vertrauenerweckend aus. Dennoch muss eine Pause sein, bevor wir hinabsteigen in den Kessel der Einsamkeit. Verängstigte Wanderer kommen uns entgegen, froh es geschafft zu haben. Der Anblick ist gigantisch. Ich hatte ihn gar nicht mehr so schlimm in Erinnerung. Jetzt ist Klettern angesagt. Während des Abstiegs wird der Himmel immer dunkler. Der Höhenmesser spielt verrückt, denn der Luftdruck fällt. Trotzdem eine kurze Pause vor dem Wiederaufstieg. Im oberen Teil, kurz vor der Bocca Minuta, erwischt uns dann das Gewitter. Wir werfen uns schnell unsere Regenkleidung über und decken die Rucksäcke ab. Dicht kauern wir uns an die Felsen. Hagel geht auf uns nieder und wahre Sturzbäche von Wasser. Der dichteste Einschlag ist weniger als 300 m entfernt. Axel spürt ein Kribbeln im Fels. Ein italienisches Paar - die Frau hatte schon weiter unten große Schwierigkeiten in einer mit Leitern versicherten Kletterstelle - läuft davon vollkommen unbeeindruckt und völlig unzureichend mit leichten Trägershirts bekleidet an uns vorbei - ohne jeden Schutz. Später sehen wir sie wieder beim Abstieg zur Refuge de Tighietto. Die Frau ist vollkommen am Ende. Er - selber ratlos - kommandiert sie herum.
Auch wir sind trotz Regenkleidung durchnäßt; hatten sie etwas zu spät übergezogen. Es trocknet schon beim Abstieg wieder. Nur die Schuhe sind ein Problem. Das Wasser ist von oben hineingelaufen. Der Abstieg zur Bergerie de Ballone verlangt alles vom Material: Die Kurverwaltung scheint es sich bei der Weganlage leicht gemacht und einfach Wasserfälle mit weiß-roten GR 20 Markierungen versehen zu haben. Überall ist Wasser. Zudem müssen wir zweimal den Fluss queren, der plötzlich stark angeschwollen ist. Axel findet unkonventionelle Übergänge - wir folgen springend.
In den Rucksäcken ist es trotz der Regenhüllen auch etwas nass geworden. Meine Schlafsackhülle fühlt sich feucht an. Der Schlafsack selbst ist ziemlich trocken. Dennoch lege ich ihn nach der Ankunft in der Bergerie de Ballone über das Zelt. Ein Fehler, denn schon kurz nach Sonnenuntergang, der in dem Talkessel früh ist, setzt Tau ein und der Schlafsack wird feuchter als vorher. Blöd.
Webcams in Zielorten des Uni-Schneesport Berlin e.V.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
1 Kommentar:
Ich werde Mitte September die Tour machen und bin gespannt ob meine Erinnerung an die Cirque de la Solitude realistisch ist, oder ob ich auch überrascht bin, dass sie schwieriger aussieht...
Schön zu hören, dass Ihr das Gewitter gut überstanden habt... ich hoffe, es bleibt mir erspart!
Schöne Touren wünscht Dir
die Travel-Mel
www.travel-mel.blogspot.com
Kommentar veröffentlichen