Es herrscht Gedränge und Hektik am Hafen bei der Einschiffung auf die "Marko Polo", die uns über Nacht nach Split in Kroatien bringen soll. Eine Reisegruppe fällt dabei besonders auf. Ihre Mitglieder haben orangefarbene Basecaps auf. Sie reden alle durcheinander, eine Reiseleiterin versucht, sich Gehör zu verschaffen. Wir verstehen nur soviel, dass sie die Leute ermahnt, ihre albernen Basecaps aufzusetzen. Einige Damen fortgeschrittenen Alters weigern sich beharrlich, wohl weil sie um ihre Frisur fürchten und sich außerdem mit den Dingern auf dem Kopf nicht zum Seppl machen wollen. Während heftig gezetert wird, überholen wir die Gruppe auf dem Autodeck und schaffen es, vor ihnen an der Rezeption zu stehen.
Schnell bekommen wir unsere Kabine. Es ist diesmal die Nr. 3092 im hinteren Teil des Schiffes, eine Innenkabine. Das geht wohl nicht anders, wenn man ein vergünstigtes Hin- und Retourticket bei Jadrolinija kauft. Dafür ist unsere Unterkunft überraschend groß, so dass ein Rollstuhl selbst ins Bad hineinpassen würde.
Kaum haben wir unser Gepäck verstaut und uns etwas frisch gemacht, hören wir die Gruppe mit den orangen Käppis draußen auf dem Gang marodieren. Sie rufen Namen von Leuten, die offenbar in enendlosen Gängen verloren gegangen oder in der falschen Kabine gelandet sind. Lautstark wird mit Türen und Koffern geklappert und geschlagen.
Jetzt schnell ins Restaurant, bevor die Meute den Laden stürmt, denken wir.
Als die "Marko Polo" ablegt, sitzen wir schon in den bequemen weißen Ledersesseln des Restaurants, haben eine Flasche kroatischen Wein auf dem Tisch und blicken aus den etwas zerkratzten Panoramafenstern. Unser Kellner - sie tragen alle sorgfältig gebügelte weiße Hemden und schwarze Hosen - ist ein großer Köstling und immerzu für ein Späßchen zu haben. Keine Frage: Das Speisen an Bord des Jadrolinija-Flaggschiffs ist eine stilvolle Angelegenheit, auch wenn das Essen eher mittelklassig ist.
Kaum steht es auf dem Tisch, kommt auch schon unsere orange Reisegruppe in den Speisesaal. Sie wird offenbar schon erwartet, denn ein Bereich ist für sie reserviert. Es ist bei Jadrolinija möglich, das Essen bei der Buchung gleich mitzubestellen. Wir haben nun die Möglichkeit, die Leute näher in Augenschein zu nehmen. Altersmäßig sind sie sehr gemischt, wobei die älteren Damen am lebhaftesten sind. Sie haben sich mächtig schick gemacht für diesen Abend - die Runde könnte fast aus einem Almodovar-Film stammen - und sie sind allesamt sehr liebenswürdig. Auch wenn sie es ihrer Reiseleiterin wieder sehr schwer machen, denn sie scherzen und giggeln unentwegt. Nur als Erstere vor dem Essen für alle ein kurzes Gebet spricht, kehrt Ruhe ein.
Sie sprechen spanisch, sehen südamerikanisch aus und beten im Restaurant vor dem Essen. Wir fragen uns, ob es eine Pilgergruppe auf der Rückreise aus Rom ist. Aber Spanien liegt doch eigentlich in der anderen Richtung?
Nach dem Essen treffe ich einige der Frauen an der Bar auf dem Achterdeck wieder. Sie sprechen kaum englisch, aber sie erzählen, dass sie aus Mexiko kommen und tatsächlich in Rom waren. Nun wollen sie noch nach Bosnien.
Im Laufe des Abends wird es stiller auf der "Marko Polo". Nur die beiden Maschinen treiben die Fähre beständig und mit fortwährend kräftigem Dröhnen an. Der Kapitän hat eine Frau mit auf die Brücke gebracht. Sie stehen auf der Backbord-Brückennock, während das Schiff durch die Nacht tuckert, quatschen und rauchen.
Im Morgengrauen kommt die kroatische Küste in Sicht und pünktlich um sieben Uhr legt die "Marko Polo" nach einem guten Frühstück in Split an. Tschüß, alte Fähre, hast uns wieder sicher durch die Nacht gebracht. Es gibt kaum ein EU-Land mit so vielen Inseln wie Kroatien, über 1200 sollen es sein. Und das Schiff ist die beste Möglichkeit, eine der weltweit zerklüftetsten Küsten zu bereisen. Die stilvollen historischen Liner, die von der Reederei Jadrolinija liebevoll auf dem technisch neuesten Stand gehalten werden, sind eine gute Möglichkeit dafür.
Webcams in Zielorten des Uni-Schneesport Berlin e.V.
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